In der aktualisierten Neuausgabe seines 2009 erschienen Buches "Virus Auto" schreibt der Verkehrsexperte Hermann Knoflacher:
„Der Auto- und Erdölindustrie ist es aufgrund ihrer finanziellen Macht und politischen Einflussnahme darüber hinaus gelungen, die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Gefahren der Abgase und des Feinstaubs jahrzehntelang unter dem Deckel zu halten, obwohl es epidemiologische Studien gibt, die diesen Zusammenhang nachweisen.
Meist sind es aber kombinierte Wirkungen von Abgasen, Feinstaub und Lärm, die dazu führen, dass Menschen, die an vom Autoverkehr hochbelasteten Straßen wohnen oder arbeiten, häufiger Lungenerkrankungen oder Herzinfarkte erleiden.
Die Einstellung der Behörden zu diesem Thema ist nahezu unfassbar. Anstatt den Verursacher – wie es etwa die (österreichische) Straßenverkehrsordnung und das deutsche Grundgesetz vorschreiben – an der Schädigung der menschlichen Gesundheit, aber auch des Ökosystems zu hindern, wird die Bevölkerung, wenn infolge der Autoabgase Ozonbelastungen in bestimmten Regionen gesundheitsschädigende Werte (die ohnehin viel zu hoch angesetzt sind) überschreiten, aufgerufen, sich in ihren Wohnungen aufzuhalten und Aktivitäten im Freien zu unterlassen.
Hier ist derselbe Mechanismus wie bei der Lärmbelastung festzustellen: nicht der Verursacher wird bestraft, sondern das Opfer muss zusätzliche Opfer bringen, damit der Verursacher – der Autofahrer – weiterhin ungehemmt agieren kann. Damit dieses Treiben möglichst ungestört stattfinden kann, werden große Summen an Steuermitteln für die Ausweitung und Vergrößerung der Abgasproduktionsanlagen und Lärmzonen – soll heißen: Fahrbahnen für den Autoverkehr – eingesetzt. Volkswirtschaftlich im Sinne des heute scheinbar einzigen politischen Zieles »Wachstum des Bruttoinlandsprodukts« betrachtet, eine durchaus sinnvolle Tätigkeit. Je mehr Krebserkrankungen, je teurer und häufiger die Behandlung –, umso stärker wächst das Bruttoinlandsprodukt ( BIP ) –, umso größer die Gewinne der Pharmakonzerne. Je mehr Lärm, desto mehr Lärmschutzfenster müssen eingebaut werden und umso mehr Klimaanlagen werden verkauft, weil die Fenster nicht mehr geöffnet werden können – was wiederum dafür sorgt, dass der Schimmelbefall in den betroffenen Wohnungen umso wahrscheinlicher wird, in der Folge muss mehr saniert werden, umso größer der Beitrag zum BIP. Je mehr Abgase und Feinstaub emittiert werden, umso mehr Waschmittel wird verkauft, weil die Umgebung wirksam verschmutzt wird. Dies alles trägt zum Bruttoinlandsprodukt bei und sorgt für Jubel unter den Politikern, die ihren Erfolg allein an dieser Größe messen. Je größer das Leid, umso größer die Geschäfte – umso leistungsfähiger der Staat.“
Dass es auch anders geht, zeigt unser Artikel Lebenswerte Städte.
Über das Buch: Der österreichische Verkehrsexperte Hermann Knoflacher analysiert und beschreibt die Fehlentwicklungen unserer vom »Virus Auto« befallenen Gesellschaft und zeigt eindrucksvoll auf, wie die autogerechte Planung zur Zerstörung sozialer, urbaner und ländlicher Strukturen geführt hat. Trotz der enormen Umweltschäden und hohen Unfallzahlen wachsen Jahr für Jahr die Autobahnlandschaften, steigen die Belastungen durch Abgase und Lärm, sodass sich die Frage stellt, warum der Mensch sein Verhalten nicht ändert.
Hermann Knoflacher gibt praxiserprobte Antworten und zeigt Wege aus der Misere auf.