Essen für den Müll
Essen für den Müll
Susanne Wolf | 12.04.2023 | 3 Minuten

40 Prozent der weltweit produzierten Nahrungsmittel werden einem WWF-Report zufolge nie gegessen. Alleine in Österreich landen in der Landwirtschaft 167.000 Tonnen Lebensmittel jährlich im Müll, in den Haushalten sogar 521.000 Tonnen. Ein Umdenken ist dringend notwendig.

Text: Susanne Wolf

„Ein Lebensmittel hat heutzutage nicht mehr den Wert, den es noch vor 50 Jahren hatte“, sagt der Marchfelder Bauer Franz Neduchal in der „Am Schauplatz“-Reportage „Biomüll der Klasse 1“. Sie zeigt die Verluste des österreichischen Gemüses von der Ernte bis zum Kühlschrank. Von 100 Kilogramm in Österreich angebautem Gemüse kommt gerade einmal ein Drittel auf den Teller, schätzen Fachleute. Der Rest landet im Mistkübel.

Zu groß, zu klein, zu krumm

Die Menge der in der Landwirtschaft anfallenden Lebensmittelabfälle wird alleine in Österreich auf 167.000 Tonnen jährlich geschätzt. Die Gründe für die Überproduktion sind vielfältig, die Lebensmittel zu klein, zu groß, zu krumm oder es ist gerade kein Transporter verfügbar. Dazu kommen auch viele optische Kriterien, die dafür sorgen, dass Lebensmittel entsorgt werden. Bei Zwiebeln passt oft die Haut nicht, Chinakohl ist zu wenig grün oder Sellerie zu groß. Dutzende Tonnen Gemüse landen deshalb jede Woche in heimischen Biogas-Anlagen.

„Wenn ein Supermarkt beim Bauern eine bestimmte Menge Melanzani bestellt, muss dieser 120 bis 160 Prozent davon anbauen, damit die bestellte Menge geliefert werden kann – weil er das Risiko von Hagel, Sturm oder Trockenheit mit einberechnet“, erklärt Cornelia Diesenreiter. Sie hat gemeinsam mit ihrem Bruder Andreas „Unverschwendet“ gegründet: Das Unternehmen übernimmt Lebensmittelüberschüsse aus der Landwirtschaft und arbeitet mit Betrieben zusammen, um daraus Produkte wie Chutneys, Marmeladen oder Senf herstellen zu lassen.

Lebenmittelverschwendung zuhause

NIcht nur in der Landwirtschaft, sondern entlang der gesamten Wertschöpfungskette werden Lebensmittel verschwendet: In der Produktion, im Handel, in Restaurants – und zuhause. Der WWF Österreich hat errechnet, dass etwa die Hälfte aller vermeidbaren Lebensmittelabfälle in den Haushalten entsteht, das sind rund 521.000 Tonnen pro Jahr. Besonders häufig landen Gemüse, Brot und Milchprodukte im Müll. Bis zu 133 Kilogramm werden demnach in jedem Haushalt jährlich vergeudet.

Um Lebensmittel zuhause nicht zu verschwenden, helfen gute Einkaufsplanung, richtige Lagerung und kreative Resteverwertung. Und der richtige Umgang mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD): Der Hersteller garantiert, dass das Produkt bei einer ordnungsgemäßen Lagerung seine volle Genussfähigkeit mindestens bis zu diesem Zeitpunkt behält. Das bedeutet: Wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum, umgangssprachlich auch Ablaufdatum genannt, erreicht wird, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass die Ware nicht mehr genießbar ist. Greenpeace Österreich hat in einem Test acht Lebensmittel, darunter Käse, Eier, Salami, Joghurt oder Kuchen auf ihre Haltbarkeit überprüfen lassen. Sieben der acht Produkte konnten zwei Wochen nach Ablauf des MHD als unbedenklich eingestuft werden; zehn Wochen nach Ablauf des MHD war immer noch die Hälfte genießbar. Anders sieht es beim Verbrauchsdatum („zu verbrauchen bis“) aus, für sehr leicht verderbliche Waren wie Fleisch gilt: Ein Produkt, bei dem das Verbrauchsdatum überschritten ist, sollte nicht mehr gegessen werden.

Zahlreiche Initiativen und Organisationen haben es sich zur Aufgabe gemacht, Lebensmittel zu retten: Der Verband der österreichischen Tafeln etwa arbeitet mit Supermärkten und Bäckereien zusammen, um nicht verkaufte Lebensmittel vor dem Wegwerfen zu bewahren, und versorgt soziale Einrichtungen damit. Die App Too good to go vernetzt Betriebe – darunter Supermärkte und Restaurants – mit Konsumenten, um die Weitergabe unverkaufter Lebensmittel zu ermöglichen. Beim Foodsharing können Privatpersonen nicht gebrauchte Lebensmittel weitergeben.

All diese Initiativen haben ein Ziel: Lebensmittel wieder mehr wertzuschätzen. Und damit einen Beitrag zu Umwelt- und Klimaschutz zu leisten.

Mehr Lösungen für den achtsamen Umgang mit Lebensmittel gibt es hier.

Hier können Sie die Arbeit von Susanne Wolf unterstützen: https://susannewolf.substack.com/about

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