Manchmal kommen mir die letzten drei Jahre vor wie ein böser Traum, oder auch wie ein schlechter Film. Immer schwächer wird das Bedürfnis, mich damit zu befassen, immer geringer die Hoffnung, dass alles restlos aufgeklärt wird. Dagegen wächst der Wunsch, nach vorne zu schauen.
Weil ich selbst über meinen Körper bestimmen möchte, wurde ich ausgegrenzt und herabgewürdigt. Monatelang war es mir nicht erlaubt, Dinge zu tun, die mir Freude bereiten: im Kaffeehaus sitzen, Büchereien oder Konzerte besuchen, schwimmen gehen. Ich redete mir ein, nichts davon zu vermissen – einfach, um bei Verstand zu bleiben. Denn natürlich war ich wütend und traurig und fassungslos. Ich konnte nicht begreifen, was hier geschah, und noch weniger, weshalb es so viele hinnahmen oder sogar gut fanden.
Vergessen? Nein, ich werde nie vergessen, wie sehr meine heranwachsenden Kinder unter der sozialen Isolation litten und bis heute mit den Folgen kämpfen.
Verzeihen? Ja, denn das ist für mein Seelenheil unerlässlich. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass ich mir selbst schade, wenn ich zu lange Groll und Verbitterung mit mir herumtrage. Ich habe auch in der Vergangenheit Dinge erlebt, die es mir schwer machten, zu verzeihen. Doch immer gab es einen Moment, in dem mir bewusst wurde, dass ich kein Opfer (mehr) sein möchte.
Was mir Hoffnung gab (und gibt): Mehr Menschen denn je wurden politisch aktiv, es gab Petitionen, Demonstrationen, Vereine wurden gegründet. Da war die Gewissheit: ich bin nicht alleine. Wir teilten nicht nur das Empfinden, dass etwas furchtbar schief lief, sondern auch den Wunsch, unseren Werten treu zu
bleiben, und diese Werte in die Welt zu tragen, um sie zu verändern.
Was mir hilft, ist die Überzeugung, dass alles im Leben für etwas gut ist, auch wenn es nicht immer gleich erkennbar ist. Dass ich aus allen Herausforderungen, die mir begegnen, lernen kann.
Diese drei Jahre haben mir geholfen, Zusammenhänge zu erkennen und die Welt in einem anderen Licht zu sehen. Sie haben mich letztendlich stärker gemacht.
Susanne Wolf hat sich dem konstruktiven Journalismus verschrieben, der sich bei den Herausforderungen unserer Zeit auf die Suche nach möglichen Lösungen macht. Ihr Anliegen ist es, mit ihrem Schreiben Mut zu machen und den aktuellen gesellschaftlichen Wandel zu begleiten.
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