Stoppt die Digitalfahrt der Menschheit
Stoppt die Digitalfahrt der Menschheit
Huhki Henri Quelcun | 21.10.2023 | 17 Minuten

Henri Huhki Edelbauer

Stoppt die Digitalfahrt der Menschheit

Vor über zehn Jahren erschien im BRENNSTOFF Nr. 48/Juni 2017.. mein Beitrag „Gegen die drohende Bytokratie – die schleichende digitale Enteignung“. Darin schilderte ich, wie in Indien kurz vor Jahresende 2016 über Nacht 90% des Bargeldes vom Staat als Zahlungsmittel verboten worden war (Project: Digital India). Parallel dazu war schon sieben Jahre zuvor die Kampagne „Aadhar“ eingeleitet worden: biometrische Erfassung des Gesichts, der Iris sowie aller zehn Fingerabdrücke. „Jede/r von uns in Indien wird bald ein wandelnder Bankomat sein“, verkündete Amitabh Kant, Chef der „National Institution for Transforming India“. Doch die Bevölkerung des Subkontinents fand ein Schlupfloch. Aadhar war 2020, als Covid-19 die ganze Menschheit lähmte, so gut wie abgeschlossen. Fast alle Inder/innen vom Baby bis zum Greis waren biometrisch registriert und ihr digitales zweites Ich befand sich im Speicher von Hochleistungsservern, zusammen mit einer 12-stelligen ID. Aber die Hälfte der Bevölkerung hatte kein Konto, 700 Mio. der „lebenden Bankomaten“ liefen sozusagen leer durch die Gegend. Und Läden, Gaststätten, Riksha- oder Taxifahrerfahrer im ländlichen Raum verfügen bis heute nicht über die Technologie, um zu prüfen, wieviel Geld in der Kundschaft steckt und den Preis zu transferieren. Heute weiß ich viel mehr über die Vorgeschichte von „Digital India“. (s. Kasten) Und über die drohende „Verdigitalisierung“ der ganzen Menschheit.

Teil I: Was (viel schneller als erwartet) passieren könnte

Befreit von allen Zielen – die ultimate Überwachungsstadt. „Willkommen im Jahr 2030. Ich besitze nichts, habe keine Privatsphäre – und nie gab es ein besseres Leben. Ich besitze weder ein Auto noch ein Haus, keine Haushaltsgeräte, nicht einmal Wir haben freien Zugang zu Verkehrsmitteln, Unterkunft, Nahrung. Alles, was früher als „Produkt“ betrachtet wurde, ist nun Dienstleistung.

Zuerst wurde alle Kommunikation digitalisiert und gratis. Sobald saubere Energie ebenfalls kostenlos zur Verfügung stand...wurde es für uns sinnlos, jemals wieder über eigene Autos zu verfügen, denn wir konnten binnen Minuten ein fahrerloses Fahrzeug rufen. … In unserer Stadt zahlen wir keine Miete, denn irgendjemand anderer nutzt unsere Räumlichkeiten, wann immer wir sie nicht benötigen. … Ab und zu beschließe ich, selbst zu kochen. Es geht ganz einfach:

Die nötigen Küchengeräte werden binnen Minuten bis zur Haustür geliefert. … Auch hier machte die bahnbrechende zirkulare Ökonomie alles leichter. … Sobald Produkte durch Dienstleistungen ersetzt wurden, hatte niemand mehr Interesse an Dingen mit kurzer Haltbarkeit. … Einkaufen? Ich kann mich wirklich nicht mehr erinnern, was das ist. Für die meisten von uns wurde es abgelöst durch die Wahl, bestimmte Dinge zu gebrauchen. Manchmal macht mir das Spaß, manchmal möchte ich nur, dass es der Algorithmus für mich erledigt. Er kennt meine Vorlieben besser als ich im Moment. Man bestellt zuhause alles on demand.

Als künstliche Intelligenz und Roboter uns soviel Arbeit abnahmen, hatten wir plötzlich Zeit, gut zu essen, gut zu schlafen und Zeit mit anderen Leuten zu verbringen. … eine Zeit lang verwandelte sich alles in Unterhaltung...Erst vor kurzem fanden wir heraus, dass wir all diese neuen Technologien für bessere Zwecke nutzen konnten, als bloß die Zeit totzuschlagen.

Außerhalb der Stadt treiben sich nur noch die mißvergnügten „Faultiere“ [sloths of discontents] herum. …

Ich weiß, dass alles, was ich tue, denke und träume irgendwo gespeichert wird. Hoffe nur, dass es niemand gegen mich verwenden wird. Aber alles in allem: Es ist ein gutes Leben. Einst gab es so schreckliche Zustände: Zivilisationskrankheiten, Klimawandel, die Flüchtlingskrise, Umweltschäden, komplett verstopfte Städte, Wasserverschmutzung, Luftverschmutzung, soziale Unruhen und Arbeitslosigkeit...[Übersetzt, aus dem Englischen von H. H. E.]

Vision oder Illusion? Es heißt allgemein, dieser Slogan und die folgende „utopische Dystopie“ stamme von Klaus Schwab, dem Chef und Gründer des „Weltwirtschaftsforums“ [„World Economy Forum“ (WEF)]. Aber nein, der Essai wurde von Ida Auken verfasst, studierte Theologin (mit Abschluss!), Mitglied des dänischen Parlaments, 2011 - 2014 dänische Umweltministerin, Leiterin der EU- Delegation Rio+20, nun „Young Global Leader“ und Mitglied des „Future Council of Cities&Urbanisation“. Eines fällt mir auf: IDA2030 hat im Zuhause, das ihr nicht gehört, auch keine Zugehörigen; sie trifft manchmal Leute.

Ihr Traktat erschien am am 11/11/2016 auf der Website des WEF, zugleich mit einem Video. Ganz wichtig: Der Text über das schöne neue Leben wurde verändert! Ich konnte Idas ursprüngliche „Vision“ zwar einmal aufrufen, aber das nächste Mal hieß es schon: „Fehler 404 – die Seite ist nicht erreichbar“. Das ist mir bei dieser Recherche schon zigmal passiert.

Zwei Sätze konnte ich „retten“; sie sind fett und kursiv hervorgehoben. Die erste selbstzensurierte Sentenz klingt unschuldig. Wer würde schon was dagegen haben, alles zuhause sofort „on demand“ zu kriegen? Das verdächtige Wort ist eben „at home“. Und zwar daheim. Obwohl dein „Heim“ nicht gehören wird. Erinnert mich an einen Politiker, dessen täglicher A...ppell lautete: „Bleiben sie zuhause!“ Auch interessant. Als Science Fiction wäre Aukens prophecy (sie ist self fullfilling, wie inzwischen viele von uns merken) – naja, gerade amüsant. Aber sie schrieb damals das Social Fact Programm für 2030. Und nun kommt der grausige Passus:

Außerhalb der Stadt treiben sich nur noch die mißvergnügten „Faultiere“ [slothes of discontents] herum. …

(Das ist der zweite Satz, kurze Zeit nach Erscheinen des Essais nicht nur gestrichen, vielmehr ersetzt, durch die empathische Passage: „Meine größte Sorge: „.Was ist mit den Leuten, welche nicht in unserer Stadt leben? Denen, welche sich von all dieser Technologie überfordert fühlten?...Manche haben kleine, sich selbst versorgende, Gruppen gebildet. Andere blieben einfach in den verlassenen Häusern aus dem 19. Jahrhundert.“ Auch dieser spätere Einschub verrät, dass innerhalb „unserer Stadt“ niemand weiß, was außerhalb vorgeht.)

Das heißt im Umkehrschluß: „Wir“ verlassen unseren Schlar-Affenfelsen niemals. Es gibt 2-D-Drucker, 3-D-Drucker, nur – soweit ich mich darin auskenne – 4-D-Drucker frei nach Einstein, welche gleich die Weltlinie eines ganzen Lebenlaufs serienmäßig produzieren, die müssten erst erfunden werden…

Aber verlassen wir kurz das WEF+UNO-Agenda-Zieljahr 2030. Drei Tage nach Erscheinen ihres Essais ist Ida Auken schon in Dubai, beim WEF-Event in Dubai, wo die Realisation der ersten absolut digital kontrollierten Städte diskutiert wurde. (Im Januar 2016 tagte in Dubai bereits der „Weltregierungsgipfel“ [„World Government Summit“; WGS] und verabschiedete die "Dubai Charta of Sustainable Development Cities Alliance"; Hauptthema: „Die Zukunft des digitalen Regierens: forcierter Einsatz von Robotik, künstlicher Intelligenz, genomischer Medizin sowie Biometrie“. 2015 wurde von dieser seltsamen „Weltregierung“ die globale Erschaffung neuer „Smart Cities“ beschlossen. 2014 präzisierte das WGS den begriff „Digital Government“. Der Weltregierungsgipfel hat wichtige strategische Partner, u.a. IMF, UNO, UNESCO, OECD, WEF!)

Die Zukunft ist schon der Kunstschnee von gestern. 2016 scheint überhaupt global das „Digitale Schicksalsjahr“ gewesen zu sein. Am 1. Jänner verabschiedete die UNO die „Agenda 2030“. Kurz darauf wurde, wie erwähnt, die „Dubai Charta“ - Kernpunkt: Digitalisierte Städte – beschlossen. Am 20. Oktober verhängte die UN-Generalversammlung „The New Urban Agenda – Habitat III“ über fast alle Staaten der Erde. (D.h. mit Ausnahme der Nichtmitglieder Vatikan, Kosovo, Palästina, Nordzypern, Abchasien, Südossetien sowie die Arabische Republik Sahara.) Im November, kurz nach Veröffentlichung des Auken-Artikels stellt das WEF „8 Predictions for the World in 2030“ als Video online. (Bis vor kurzem war diese „Urfassung“ noch über die Website der „Ludwig Mises-Stiftung“ einsehbar, jetzt heißt es, beim Klicken auf den link: „Sorry, but we can‘t find the page“.)

Die „8 Vorhersagen“ weichen erheblich von der ursprünglichen Vision der dänischen Theologikerin ab. Idas Eingangssatz ist dort abgeändert zu: „Du wirst nichts besitzen und glücklich sein.“ Persönlicher und zugleich „objektiver“. Statt alles gratis in „unserer kleinen Digital - Stadt“ zu bekommen, heißt es: „Was immer du möchtest, wirst du mieten [rent], und es kommt per Drohne“. Lebenslanger Gratisuraub all inclusive? Illusion!

Und weiter: „eine Handvoll Länder wird dominieren.“ „Wir werden Organe nicht transplantieren, wir werden sie drucken.“ (Womit bezahlt man eine „Mietleber“?)

„Westliche Werte werden bis zur Belastungsgrenze neu geprüft sein.“ „Du kannst dich vorbereiten, dich zum Mars zu begeben.“ Denn „Die Wissenschaft wird herausgefunden haben, wie du im All gesund bleibst.“] All das etwas unzusammenhängend. Und Science Bullshit. Selbst die NASA verlautbarte 2015, dass die erste bemannte Landung – einer Handvoll Astronauten - auf dem Roten Planeten ab 2040 denkbar sei. Warum erschien dann am 18. November 2016 die frohe Botschaft des WEF: „You could be preparing to go to Mars“? China veranschlagt die erste mögliche menschliche Landung um 2120!

Zur selben Zeit verlautbart die Regierung Modi den Anbruch von „Digital India“ noch vor Ende 2016. Inzwischen scheint sich BJP-radikal-hinduistische

Partei von Bill&Melinda etwas entfremdet zu haben. Vielleicht, weil die Us-Philantropen soviel segenspendende Experimente an Adivasis oder auch Harijans erprobte – dass es sogar dem Kasten-Anankasten (wenn unverständlich, bitte googlen) Narendra – der Vornahme bedeutet übrigens „König der Könige“ - reichte. Aber: „Digital India“ wird weiterhindurchgezogen. Und es gibt einen mafiösen Schwarzhandel mit den biometrischen Daten. Das Humankapital Indiens ist derart digital vergewaltet (kein Tippfehler; mein Neologismus!), dass selbst die KPch ein Aufholbedürfnis verspürt.

Aber, viel wichtiger: In immer mehr Großstädten der Welt sind bereits 15-Minuten-Zonen installiert oder werden demnächst eingeweiht! Und diese decken sich seltsamerweise mit den C40-Städten, wo du ab 2030 kein Fleisch, keine Milchprodukte mehr essen sollst (oder darfst?) Kein privates Fortbewegung besitzt. (Ob darunter auch Fahrräder fallen, lässt das Manifest

„The Future of Urban Consumption in a 1.5 C World“ in seiner Urfassung von 2019 noch offen; vielleicht dürfen Hochbetagte noch einen – natürlich KI hochgerüsteten Rollator ihr Eigen nennen.) Es fehlt mir einfach der Platz, um alle Akteure dieser Agenda aufzuzählen. Ihren Ursprung hat sie wieder einmal bei Klaus Schwabs WEF. Offiziell „endorsed“ wird dieses Hals&Bein- brechende Vorhaben wieder einmal von unseren üblichen Lieblingen: UNO, Weltbank, zahlreichen „Stiftungen“ (open society foundations).

Interessanterweise wird dieser Meilenstein forcierter Urbanisierung diesmal vom Datenmilliadär und Digitalpropheten Michael Bloomberg. Aber das gehört schon in das nächste Kapitel [Digitalfahrt – was bis jetzt geschah – oder gerade passiert.] Natürlich sind C40-Cities in 15-minuten-Zonen fraktalisiert. Ich könnte die urban-digitale Liebesgeschichte zwischen Carlos Moreno und der bezaubernden Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo

schildern. Bitte holt euch alle Infos – so paradox es klingt – digital. Googlen! Eines möcht ich noch betonen: Das ist keine Weltverschwörung. Viel schlimmer: Uns allen, von den WEF-Stars über die KI-Designer, welche ihre natürliche Vorstellungs&Urteilskraft gerade an der KI-Garderobe abgeben, um auf vermeintliche Logenplätzen die Metamorphose der „Produktivkräfte“ in veritable Destruktivkräfte zu bestaunen; wir, die westliche Wertegemeinschaft - gibt‘s keine östliche?- werden noch in diesem Jahr erkennen, dass wir selbst in diesem digitalem Drama Zuschauer&Mitspieler zugleich – spielen! Und überdrein noch kollektive Regie führen. Merkt ihr es nicht, wie sich immer mehr übergeduldige Völker von uns abwenden?

Landvertreibung. Das „Beste“ steht uns noch bevor: die Abschaffung des ruralen Lebensraums, der ländlichen Lebensformen. Nicht die „Landflucht“ lockt die Menschen rund um den Erdball in die Metropolen. Es werden „Sustenaible Digital Cities“ - im digitalen Schicksalsjahr 2016 veröffentlichte Carlos Moreno – ein spätberufener Stadtplaner, der sich zuvor einen Namen als Experte für KI&Robotik verschafft hatte, seinen Essai über die „Ville du quart‘heure“. Die kunstvoll tranchierte 15-Minuten-Großstadt. Ab 2020 verwirklicht er mit der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo den Traum algoritmischer getrennter Gemeinsamkeit. Bei Großstädten, die schon da sind, geht‘s nicht anders.

Aber Peter Calthorpe – als weitsichtiger Milleniumsarchitekt - und wie Harari Grenzgänger zwischen WEF und TED (darauf werden wir später als Lösung des „digitalen Welträtsels“ zurückkommen, formulierte in seinen berühmten „7 Principles for Building Better Cities“: „More than half of the world’s population already lives in cities, and another 2.5 billion people are projected to move to urban areas by 2050.“ Sinngemäß auf gut Deutsch: Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt bereits in (Groß-)Städten und für weitere 2.5 Milliarden Menschen ist geplant, sie bis 2050 in urbane Gebiete zu verfrachten.

Inzwischen besteht zwischen ihm und kongenialen Kolleg/inen, Koryphäen vorwärtsschauender Demoskopie, der UNO, Weltbank, WEF usf. der Konsens: 2.5 Mrd. Sind nicht genug. Wir sollten noch eine Milliarde drauflegen! [Der Satz ist etwas zweideutig: „are projected to move“ könnte als „werden sich vermutlich in städtisches Gebiet begeben. Doch es kann genausogut heißen: Es ist geplant. Schaut einfach nach: Wer sind die größten Landbesitzer. Und kaufen jeden Tag zu. Man kann coronaversteher oder Putin-Leugner sein, aber sie sind alle scharf auf die größte „ungenutzte Fläche der Welt: Sibirien!]

Ich könnte noch lange aus den Schriften der globalen Digitalarchitekten zitieren. Die erste erste „Digitale Forest City“ der Welt ist schon so gut wie bezugsbereit. Nahe Liouzhou in der chinesischen Provinz Guangxi, entstand eine Traumstadt, welche prima facie paradiesisch anmutet. In Malaysia entstehen Urwaldstädte von ähnlicher Attraktivität. Indien: Amaravati, vor über 2000 Jahren eine der Residenzstädte des empathischen buddhistischen Großkaisers Ashoka wurde nicht zufällig auserwählt. (Der Maurya-Herrscher verankerte zum ersten Mal die Ökologie in seinen Stadtentwürfen.) Die grün-algorithmische Stadt umfasst 217 km². Halb so groß wie Wien. In Mexico entsteht „Cancun Forest Smart City“. Sie schießen wie die Schwammerln aus allen Arealen dieser Welt. Und werden auf Grasbeton, mittels Hanfstein, Mycelium, Bambus errichtet. Wer kann da was dagegen haben? Sollten die neuen Bewohner einmal ausziehen – oder aussterben – die ganze stadt wird von der Natur selbst recycled! Ungefähr 5000 solcher „Naturbanen“ Enklaven bieten bald auf „happy hours“ - für 3 Milliarden!

Wohin mit den Vielzuvielen? Eine Frage bleibt noch offen: Wenn, wie die visionäre Theologin Ida Auken beschreibt, dass alles in „unserer“ Stadt gratis on demand geliefert wird – später heißt es ja, „gemietet“ - aber was ist die Gegenleistung der von aller Arbeit „Befreiten“? In welcher Währung zahlen sie die Miet-, Leih-, Leasing-Gebühr, wie immer man es nennen wird, und – an wen? Sie selbst deutet ja schon an, dass es da nur zwei Möglichkeiten gibt: 1) Daten: „Alles, was ich tue, denke und träume wird irgendwo aufgezeichnet.“ Und 2) Taten: „Erst vor kurzem fanden wir heraus, dass wir all diese neuen Technologien für bessere Zwecke nutzen konnten, als bloß die Zeit totzuschlagen.“ Das müssen schon ordentliche Philantropen sein, die ihren Mündeln so tolle Stätteln quasi als vorleistung offerieren.

Viel aufschlussreicher ist da das TED-Interview in der Sammlung von Chris Anderson, wo Yuval Noah Harari ausführlich mit einigem „Bedauern“ die unausweichliche Überflüssigkeit von mehr als 99.99% der Menschheit „kommen sieht“ - oder herbeiredet? Wer sind denn die beiden schon wieder. Nun, Harari ist ein israelischer Geschichtsphilosoph, welcher sich vorwiegend auf die Zukunft spezialisiert hat. Wer in Klaus Schwab den Diabolus hineininterpretiert (das ist der WEF-Führer nicht. Höchstens ein armer Teufel…), könnte angesichts der Reden Hararis den „advocatus dei“ vermuten. Seine Reden bei diversen Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums sind highlights. Schon 2018 wurde der Popstar apokalyptischer Unterhaltung zwischen die faden Monologe Merkels und Macrons eingeschoben – und der riesige Saal war blitzartig überfüllt.

Mir erscheint er als postmoderner Super-Nietzsche, allerdings mit viel weniger Tiefblick; auch fehlt ihm die imperiale Sprachbeherrschung seines Vor- und Überdenkers.

Zwar zählt er zu den wenigen Transhumanisten, welche Transfinite Mengenlehre, Nichteuklidische Geometrie verstehen – aber ich kann der Lektüre seiner Bücher nicht entnehmen: bis zu welchem Grad? Die Grenzen algorithmischer Intelligenz wurden von Gödel, Turin, Chaitin immer deutlicher abgesteckt. Und das zeigt: Lebewesen – wie wir Menschen – können sie überspringen. KI niemals! (s. Kasten)

Nun zum Dialog, der in der TED-Videothek noch immer verfügbar ist. [Die Amis sind anscheinend, wie übrigens auch die Russen, noch immer nicht so kontaminiert, wie die EU.] Die kalifornische Alternative zu Klaus Schwab. Das zeigt schon die Bezeichnung seines Silicon Valley – affinen Forums namens TED (Technology Entertainment Design). TED favorisiert als scheinbarer Opponent die Verschmelzung der 68er Revolte mit Big Bangists sowie Soft-Digitalitur. Also: ein Hippie - Nerd – Cyborg – Ideal. Trotzdem diese Westküsten-Initiative sich den Anstrich einer happy-go-lucky-Alternative

zum schwerfälligen WEF gibt, existieren doch langjährige Verbindungen. (Seit 2004) Chris Anderson profilierte sich als Ionier des „Web-2.0-Journalismus“ - was schließlich auf die Abschaffung geistigen Eigentums im Digital-Zeitalter hinausläuft; schriftstellerische, musikalische, wissenschaftliche Ideen&Werke sind „Frree“, so auch der Titel seines Bestsellers, der ihm allerdings einiges an Monetärem einbrachte.

Also, womit bezahlen die Einwohner von green smart cities ihren lebenslangen Urlaub? „Wasimmer die Leute heute noch Nützliches verrichten, die KI-Technologien werden fast alles [an menschlicher Arbeit] überflüssig machen, und werden sie ersetzen [and will replace the people]“. Denn „es geht immer mehr um Weiterentwicklung der Algortithmen und Bioengeneering, die Masse der Bevölkerung steuert absolut nichts dazu bei, außer ihrer Daten.“

So hochqualifiziert kann ein Job gar nicht sein, dass ihn nicht ein Algorithmus bald besser erledigt. Es gibt z.B. bereits elektronische Notariatsassistenten, welche wissen, wo welcher Akt abgelegt wurde – oder ihn momentan rekonstruieren können; die unzählige Verträge mit allen derzeit gültigen Klauseln, Vorbehalten und „Kleingedrucktem“ in ein paar Minuten ausdrucken, dazu noch Reserve-Versionen, weil sie wissen, welche Gesetzesänderungen demnächst zu erwarten sind...menschliche Notars-Personen müssen die Texte nur noch überfliegen und unterzeichnen.

Ebenso könnten heute schon Sekretärinnen, Prokuristen, Vorstandsvorsitzende, Aufsichtsräte, Städteplaner, Verfassungsrichter, alles Buchhaltungs- oder Lohnverrechnungs-Personal „replaced“ werden. (Es ist bekannt, dass Priester sich die Sonntagspredigt schon seit Jahren aus dem Hl. Netz holen; ChatGPT sorgt jetzt für einen neuen Schub an digitalem Charisma. Wer weiß, ob nicht ein Papst dem Schuldbekenntnis mit einer Enzyklika „De auctoritate confessionis secundum scientiam machinalis“ einen neuen Reiz verleiht. Das Beichtgeheimnis kann ja mittels Blockchain gesichert werden…)

Harari nennt als weitere „ersetzbare nützliche Tätigkeiten“: Medizin! Vielleicht hast du bemerkt, wie deine hausärztliche Vertrauensperson vertrauensvoll in ihren Screen starrt, während du erzählst, was dich plagt. Sie studiert meist nicht Tinder, sondern ein Diagnose- und Überweisungsprogramm. Laut dem prognostischen Historiker „kann heute schon die KI die ersten Krebszellen besser erkennen als radiologisch Genies.“ Ich glaube ihm das.

Auch wenn Yuval versichert: „Warum sollten wir ihnen sonst ein bedingungsloses Grundeinkommen schenken? Unsere zukünftigen D Datenkolonien produzieren nur einen Rohstoff: noch unverarbeitete Information.“ [raw data]. Aber, wenn ein genügender Teil der Menschheit gehackt ist – er meint in puncto DNA, Stoffwechsel, ZNS-Prozesse, Alltagsverhalten, Triebe, innige Beziehungen wer weiß, vielleicht ist schongenug eine Milliarde von ihnen genug!“ (Glaub ich nicht, vgl. den Song „Genug ist nie genug“ von Konstantin Wecker!) „und, weißt du Chris, wozu diese Daten benutzt werden? Um die Algorithmen soweit zu füttern, dass sie sich selbst immer weiter optimieren können!“ Und das glaub ich ihm auch!

Hol dir das Video auf den Schirm. TED talk Harari. Du siehst wie selbst dem Digitalfetischisten Anderson die Transistoren platzen.

Eine Nische räumt der filius hominis divus [Harari] den wenigen, welche mathematisch, vielleicht aufgrund noch höherer Einsichten als Chaitins Omega, der KI a priori überlegen sein werden, noch ein. Aber halt! Du brauchst dazu noch überragende Schöpferkraft in Physik, solltest Geschichte quasi mittels Worten herbeirufen können, und zudem noch das – für mich selber längst aufgelöste – unsinnig gestellte „Gehirn-Bewußtsein-Problem“ begreifen. So eine Unschulung dauertr für eine Billa-Flialleiterin natürlich ein paar Wochen, oder ewig; andrerseits bin ich sicher, dass es weit klügere Billa-Filiallleiterinnen als den Harari gibt! (Er zählt sich in seiner Bescheidenheit sowieso nicht zu dieser Handvoll Auserwählter, hält sich nicht für den Kwisatz Haderach auf unserem angeblich baldigen Wüstenplaneten.)

Sein Fazit: (ich habe zuerst geglaubt, das sei ein fake, aber noch können wir es auf TED-Talk abrufen:

“Now, fast forward to the early 21st century when we just don’t need the vast majority of the population,” the WEF adviser concluded, “because the future is about developing more and more sophisticated technology, like artificial intelligence [and] bioengineering, Most people don’t contribute anything to that, except perhaps for their data, and whatever people are still doing which is useful, these technologies increasingly will make redundant and will make it possible to replace the people.”

Das möcht ich eigentlich nicht übersetzen, es reizt meine Antiperistaltik. Übrigens möchte ich den Typen, welcher Angela, Annalena, Emmanuel (witzig!), Klaus und so viel anderen, welche ihren Verstand lieber durch andere bedienen lassen, umgehend begegnen. Es wird spannend!

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