Editorial Brennstoff Nr. 65
Editorial Brennstoff Nr. 65
Brennstoff Nr. 65 | Heini Staudinger | 17.01.2024 | 2 Minuten

Liebe Freundinnnen, Liebe Freunde,

Das Digitale rückt uns immer mehr an den Pelz. Den Transhumanisten genügt dies nicht. Sie wollen unter die Haut, ins Hirn und ins Herz, und sie behaupten, das alles wäre nur zu unserem Nutzen. Das Geheimnis des Lebens liegt viel tiefer. Es lässt sich nicht in - irgendwelchen noch so schlauen Mikrochips - erfassen. Leben lässt sich nur erfahren, indem man lebt. Das ist leichter gesagt als getan, denn unser Leben ist unzähligen Reizen ausgesetzt. Viele dieser Reize kommen aus der digitalen Welt, und dort geht‘ s meistens um Interessantigkeiten, die unwichtig sind. Brennstoff LeserInnen wissen es längst, dass Meister Eckehart zu meinen geistigen Stützen gehört. Bitte verzeiht, dass ich diese Geschichte mit den göttlichen Samenkörnern, die uns mit der Geburt ins Herz gelegt sind, immer wieder bringe. Ich meine ganz im Ernst, dass er, der große Mystiker, recht hat, wenn er meint, dass es Aufgabe der Bildung sei, diese Samenkörner zum Keimen, zur Entfaltung, und wenn´s irgendwie geht, zur Blüte zu bringen. Denn nur so kann sichtbar werden, dass der Mensch Ebenbild Gottes sei. Nun ist in dieser Welt der tausend Reize der Pfad zu diesen göttlichen Samen vermüllt. In einem Klima der pausenlosen Ablenkungen können sich diese Samen, - sie heißen Gerechtigkeit, Lie - be, Wahrheit und Sein, - eben nicht entfalten. So verpassen wir das Wesentliche vom Leben und auch vom Mensch-Sein. Rainer Maria Rilke, der nächste meiner geisti - gen Freunde, hat für dieses Problem ein Rezept formuliert, das man sich täglich aufrufen sollt. „Schaffe dir Augenblicke innerer Ruhe und lerne in diesen Augenblicken das Wesentliche vom Unwesentlichen unterscheiden.“ Digital funktio - niert das nicht. Analog jedoch kann es den Alltag verändern, denn auch die Entfaltung dieser kostbaren Samen geht nur analog.

Das meint im Ernst

Heini Staudinger

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