Short Cuts
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Brennstoff Nr. 63 | Heini Staudinger | 23.01.2024 | 3 Minuten

Was uns bedroht, sind nicht die Ozonlöcher, sondern die Arschlöcher

Peter Turrini

Nachrichten aus Österreich oder: Was uns bedroht, sind nicht die Ozonlöcher, sondern die Arschlöcher. „Sind denn alle verrückt geworden? Hat ein Land wie Österreich, welches in seiner Geschichte alle möglichen Ethnien aufgenommen und zum Nationalcharakter verschmolzen hat und gerade dadurch zu vielen kreativen Großtaten fähig wurde, seine Geschichte vergessen? (…) Hat das Arschlochtum, der Rückzug auf die schlimmsten Seiten des Charakters, das sture und stumme Verharren in der eigenen Trägheit, einen Siegeszug durch die österreichischen Lande angetreten? Dieser Weg in die Erkaltung der Herzen, dieser allerneueste Klimawandel, hat einen symbolischen Anfang und kein absehbares Ende.“ Rede anläßlich einer Republiksfeier des SPÖ-Parlamentsklubs, 30. Oktober 2018. (Peter Turrini)

Verehrte Menschen! Liebe Freunde!

Bruno Kreisky, hinlänglich verblichen und daher von aller Welt nachhaltig verehrt, führte in den 70er- und 80er-Jahren immer wieder Gespräche mit Künstlern, unter anderem auch mit mir. Ich erinnere mich an eine Argumentation von ihm, daß es nicht auf alles eine politische Antwort gebe, manches komme schlicht und einfach aus den Untiefen des menschlichen Charakters. Seine Worte haben mir damals eher mißfallen, weil ich alles für politisch hielt und daher auch alles für politisch lösbar.

Dieser Meinung bin ich heute nicht mehr. Ein Gespenst geht um in Europa, nichts Unmenschliches ist ihm fremd. Es scheint, als sei ein Wettrennen darüber ausgebrochen, wer der größere Feind des Nächsten ist, wer die Schwächeren am besten verhöhnen kann. Der politische Begriff des Rechtsrucks greift zu kurz, hier geht es auch um den Charakter des einzelnen. Ich habe daher meiner Rede den Titel gegeben: „Was uns bedroht, sind nicht die Ozonlöcher, sondern die Arschlöcher“.

Glauben Sie nicht, daß ich aus der Warte des besseren Menschen argumentiere. Die Seele ist nicht nur ein weites Land, dieses Land ist auch voller Widersprüche. Da hocken das Gute und das Böse in ein und derselben Brust erstaunlich nahe beieinander. Die entscheidende Frage, die ich Ihnen und mir selbst stelle, ist doch, auf welche Seite unseres vermischten Wesens wir uns stellen. Verbleiben wir in der Mieselsucht, in der Kleinkariertheit, in der Abschottung gegenüber dem Fremden, in der Ausgrenzung des Anderen, bei der Verhöhnung des Schwächeren, also in der Arschlochecke unseres Charakters, oder versuchen wir über uns selbst hinauszuwachsen, indem ‚wir anderen Menschen helfen?

Eduardo Galeano

Die Straffreiheit der Vernichter des Planeten. Verbrechen an den Menschen, Verbrechen an der Natur: Die Straffreiheit der Herren des Krieges ist die Zwillingsschwester der Herren, die auf der Erde die Natur fressen und im Himmel die Ozonschicht verschlingen.

Die auf der Welt erfolgreichsten Unternehmen sind diejenigen, die die Welt am meisten morden; und die Länder, die die Geschicke des Planeten bestimmen, sind diejenigen, die am meisten dafür tun, ihn zu vernichten. Aus: „Die Füße nach oben. Zustand und Zukunft einer verkehrten Welt.“

Katja Ladynskaya

wurde 1994 in St. Petersburg geboren. Seit etlichen Jahren lebt sie als freischaffende Autorin und Regisseurin in Deutschland. Für das Linzer PhönixTheater hat sie „Antigone“, diesen 2.500 Jahre alten Stoff von Sophokles, neu bearbeitet. In diesem Stück geht s um die Frage, - gehorche ich den Gesetzen des Staates oder den Gesetzen der Götter, sprich der inneren Stimme. Katja sagt, sie habe erst mit der Eskalation des Krieges in der Ukraine das Stück richtig verstanden. Seitdem ist sie politisch aktiv. Im März 2022 hat sie eine Russisch-Ukrainische Friedensbewegung gegründet. Sie unterstützte russische und ukrainische Wehrdienst-Verweigerer und demonstriert wöchentlich.

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