Franz und Reinhold - und die 1980.- Euro
Franz und Reinhold - und die 1980.- Euro
Brennstoff Nr. 65 | Heini Staudinger | 17.01.2024 | 3 Minuten

Reinhold. Ich habe in einem Afrika-Brennstoff von Reinhold, meinem Freund, erzählt. Ich erzählte, dass er es war, der vor gut 51 Jahren die Idee hatte, gemeinsam nach Afrika zu fahren. Ich sagte sofort JA, und gleich gingen die Vorbereitungen los. Bei der Olympiade in München verdienten wir ziemlich leicht das nötige Geld (3.000 DM pro Monat im Wachdienst - mit so einem Betrag konnte ich 1974 ein ganzes Jahr leben), dann kauften wir uns zwei Mopeds und im Dezember 1972 fuhren wir los. Die Reise nach Tansania, zu Dr. Watschinger (er war der einzige, den wir in Afrika kannten) dauerte genau ein halbes Jahr, denn die Moped fuhren wirklich nicht schneller als 40 km/h, - außerdem war an den zwei Mopeds de facto jeden Tag irgendetwas hin.

Reinhold sagte immer wieder, dass diese Reise das Schönste in seinem Leben gewesen sei. 1980 nahm er sich das Leben. Er hatte den „Panther“ von Rilke dabei.

Und jetzt zu Franz. Franz war ein Brennstoff „Alles-Leser“. Er las meine Geschichte von Reinhold. Da rief er mich an, - er müsse unbedingt mit mir reden. Wir kannten uns damals nicht, doch am Telefon bemerkte ich, dass es ihm ein dringendes Anliegen sei. Er erklärte mir, er könne aus gesundheitlichen Gründen nicht zu mir kommen. Drum solle ich zu ihm kommen ... bitte. Ich spürte seine Not und so fuhr ich wenige Tage später die 150 km, um ihn zu besuchen. Da lag „mein“ Brennstoff auf seinem Tisch, die Reinhold Geschichte aufgeschlagen. Franz erzählte und erzählte. Auch von seiner Bedrängnis, dass ihn immer wieder Selbstmordgedanken quälten ... Ach Franz. Ach Franz.

Dann gingen wir lange spazieren und ich erzählte ihm, dass ich auf dieser Afrikareise gelernt hätte, dass es im Leben nichts Wichtigeres gäbe als das Leben selbst. So spazierten wir erzählend dahin. Das war ein schöner Nachmittag mit Franz. Und als ich mich zum Abschied aufmachen wollte, da meinte Franz: „Du, noch etwas“ dabei übergab er mir ein Kuvert ... „Franz, was ist das?“ ... „Schau selber. Das ist für Afrika, und bitte zähl genau“ ... im Kuvert waren exakt 1980,- Euro. „Warum genau 1980 Euro?“ ... da zeigte er mir die aufgeschlagene Brennstoffseite, auf der Reinholds Todesjahr, eben 1980, mit Neonstift markiert herausleuchtete. Die 1980,- Euro waren sein Wille, seine Brücke zu den Lebenden. Er wollte, dass mit diesem Geld in Afrika Gutes geschähe. Franz starb, nicht allzu lang später, an einem natürlichen Tod.

Franz, dein Wille geschehe.

Eine Welt

Ich werde Afrika bis zum Sterben dankbar sein. Dort habe ich das Wichtigste für mein Leben gelernt, nämlich: „Es gibt im Leben nichts Wichtigeres als das Leben selbst.“ Von Afrika können wir viel lernen. Ein Leben, viel näher der Natur.

Ein Beispiel, - die Stadt New York verbraucht gleich viel Energie wie ganz Schwarzafrika. Da ist‘s doch besser, wir lernen von Afrika als umgekehrt. Wir haben nur eine Welt.

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