Liebe Freundinnen, liebe Freunde!
Seit Wochen trage ich »Friedens-Gedanken« in mir, denn mir obliegt es bei jedem brennstoff mit meinem »Liebe Freunde« in das brennstoff-Thema einzustimmen. Zeit meines Lebens war »Friede« immer ein heller, wegweisender Stern, der mir in dunklen Zeiten oft bei der Orientierung half. Die ersten Worte, die ich als kleines Kind lesend im öffentlichen Raum entziffern konnte, waren: FRIEDE ABRÜSTUNG. Ich erinnere mich heute noch genau, von welchen Wänden und Brücken sie in großen, weißen Buchstaben herunterleuchteten. Und ich fragte meinen Papa: »Papa, was heißt das: Friede? Abrüstung?« Später verfolgten wir gebannt den »Marsch« von Martin Luther King. Wir durften miterleben, wie diese Bewegung mit den Methoden Gandhis die Weltmacht der USA ins Wanken brachte. Die Gesetze, die die Rassentrennung legitimierten, fielen. Damals hofften wir, wir Schüler, auf den Siegeszug des passiven Widerstandes und der Gewaltlosigkeit. Als Martin Luther King am 4. April 1968 ermordet wurde, waren wir völlig verstört. Am nächsten Tag wurde ich fünfzehn. Nach der Matura fuhren wir per Autostop durch die USA und Kanada. Es war die Hochblüte der Hippiezeit. Wir waren zu zweit und hatten 40 Dollar für 9 Wochen. Alles war so einfach. Wir litten nie Mangel. Die Türen und die Herzen vieler waren sperrangelweit offen. Sie waren beseelt von Peace and Love. Manchmal sogar die Polizisten. Überall bekamen wir zu essen und zu trinken. Hin und wieder durften wir auch auf Polizeistationen übernachten. »Frieden« ... ich hab’ viel herumgesucht, viel gelesen und gehorcht. Am meisten berührte mich ein Artikel über Mandela. Als ich die Überschrift las »Groß ist, wer verzeihen kann«, ging mir das so nahe, dass ich mit den Tränen zu kämpfen hatte. Wer in so einer Situation wie Mandela – von einem Unrechtsregime ins Gefängnis gesteckt - nach 27 Jahren Haft noch immer verzeihen kann, der ist ein Meister im Friedenstiften. Wer Frieden stiften will, muss üben. Verstehen, verzeihen und teilen. Offen zu sein (auch) für die »andere« Seite. Die ganze Lebensreise ist eine Übung. Um »Frieden« üben zu können, muss man den Wert des Friedens erkennen und verinnerlichen ( = innen als Wert tragen). Der Polizist, der uns Autostoppern ein Nachtquartier gegeben hat, die Afrikaner, die uns mit ihrer Gastfreundschaft beschenkt haben, Ute Bock, die den bei uns Ausgegrenzten, hier im »kalten Westen«, ein Quartier gibt. Überall, wo diese Übung gelebt wird, entsteht Frieden. Wir alle wissen es: Diese Übung gelingt nicht immer, aber Übung macht den Meister.
Das meint im Ernst
Heini Staudinger