Du mein Augenstern
Du mein Augenstern
Brennstoff Nr. 71 | | 28.10.2025

Sango – du mein Augenstern

Deutsch – das Kind

Mir fiel zunächst das deutsche Wort “Kind” ein, sächlich vom Wortgeschlecht her, wie man eben auch sagt: das Haus, das Gerüst etc. Es soll zusammenhängen mit einem althochdeutschen Wort für Kind, das wir im Englischen “child” noch finden, das in etwa die Abhängigkeit vom Erzeuger bedeutet.

Französisch – Enfant

Im Französischen heißt Kind “enfant”, kommt vom Lateinischen “infans”, eine Zusammensetzung aus der Vorsilbe “in” (wie auch “a-” oder “un-”), mit einer negativen Bedeutung, wie wir es auch noch finden bei unseren Worten stabil – instabil, oder sozial – asocial, oder tauglich – untauglich und dem zweiten Wort “fans”.

Dieses Wort stammt aus dem Griechischen und heißt “faein” und bedeutet “durch die Maske sprechen”, was die Lateiner mit “personare” übersetzt haben: Von dort her kommt die Bedeutung von Person, also der, der sprechfähig ist. Die Franzosen definieren also Kind von Intellekt her, aber negativ: “der noch nichts zu sagen hat”.

Sango – Molenge

In Sango, der Umgangssprache in der Zentralafrikanischen Republik, heißt Kind “molenge”, eine Zusammensetzung von drei einsilbigen Worten: Mo Anrede DU; Le alles, was glänzt und glitzert wie etwa das Auge oder die Perle; dann nge klein; im Zusammenhang also “Du kleine Perle”, “Du mein Augenstern”. Was ich besonders bemerkbar finde: Im Wort “molenge” ist eine Anrede enthalten, wie auch sonst Mütter mit ihren kleinen Kindern reden: “Du mein Schatzi” oder andere Aussagen.

Ich finde diese Wort ganz großartig und war überrascht, als ich es mit anderen Sprachen verglich.

Wenn der Fisch im Wasser weint, sieht man seine Tränen nicht...

... so der Titel von seinem Buch, in dem Helmut Buchegger seine Afrika Erfahrungen mit dem Leser teilt. Für mich ist dieses Buch ein Glücksfall: Helmut lebte 23 Jahre als Missionar in der Zentralafrikanischen Republik. (Manche werden sich an die Schreckensherrschaft von Kaiser Bokassa erinnern. Zwei Mal jährlich ging er mit dem französischen Präsidenten Giscard auf Elefantenjagd, außerdem beschenkte er diesen großzügig mit Diamanten. Diese Geschenkannahmen waren ein wichtiger Grund, warum Giscard 1981 die Präsidentschaftswahlen gegen Mitterand verlor.)

Helmut schreibt über Afrika in einem völlig anderen Tonfall als „unsere“ Mainstream-Medien, die meistens nur über die dunklen Seiten Afrikas berichten. Helmut schreibt von der Schönheit der Natur, von der Lebensfreude und einer Kultur, die das Lebendige und das Verbindende so wunderbar zum Ausdruck bringt. Zum Beispiel auch in der Sprache:

Ich habe in Afrika oft über die Grundbedeutung von Worten nachgedacht, unter anderem auch über das Wort “Kind”.

Danke Helmut für diese schöne Geschichte von MOLENGE. Wir könnten von Afrika so vieles lernen. Gemeinschaft, Lebensfreude, Respekt vor dem Alter usw ... das größte Lernhindernis jedoch ist die Arroganz. Eine europäische Krankheit.

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