Afrotopia
Afrotopia
Brennstoff Nr. 59 | Felwine Sarr | 05.02.2024 | 4 Minuten

Die Zukunft ist jener Ort, den es noch nicht gibt, den man aber geistig vorwegnimmt. “ Felwine Sarr

Die Torheit der westlichen Neuzeit besteht darin, die eigene Vernunft zur souveränen Macht zu erklären, obwohl sie lediglich ein Moment, ein Aspekt des Denkens ist. Verrückt wird sie, sobald sie sich verselbständigt.

Der moderne Mensch

Im 20. Jahrhundert hat Jürgen Habermas eine Krise der westlichen Moderne konstatiert. Jene beeindruckende Entwicklung, die von der instrumentalisierten Vernunft herbeigeführt worden ist, hat den Menschen zum Sklaven – der von dieser Vernunft produzierten gesellschaftlichen Zwänge – gemacht. Trotz der bedeutenden Rechte, die der Mensch erlangt hat (individuelle Freiheiten, republikanische Demokratie etc.) scheinen ihre bedeutendsten Erfolge in den Bereichen der Wissenschaft und der Technik zu liegen, nicht in denen der Moral und der Politik.

Habermas zufolge handelt es sich bei der Moderne um ein unvolledetes Projekt, das die Menschheit wieder aufgreifen sollte, um ihrer Menschlichkeit nicht verlustig zu gehen. Nach der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre, nach Auschwitz, Hiroshima und dem Gulag bricht der Glaube eines vernuftbasierten menschlichen Fortschritts in sich zusammen. Die Vernunft hat im Zuge der Geschichte nach und nach ihre Fähigkeit verloren, verallgemeinerbare Zwecke zu setzen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, gegen den Triumpf ihrer anzukämpfen, um zu ihrem ursprünglichen Sinn zurückzufinden, der in der Bestimmung angemessener Zwecke besteht.

In etwa zeitgleich, in den 1950er- und 1969er-Jahren, ist es in Westeuropa zum Zerfall der bedeutendsten kulturellen Bezugspunkte gekommen: Familie, Nation, Verantwortung und Pflicht, des Kompromisses zwischen dem Vorrang des Kollektivs und der juristischen Anerkennung grundlegender Bürgerfreiheiten. Die Heiligung des Individuums, der Kult des Hedonismus, die Zugehörigkeit zu einer Mehrzahl von Kollektiven, der Zerfall des Verantwortungsgefühls gegenüber der Gemeinschaft charakterisieren das, was Theoretiker wie Lyotard als Postmoderne bezeichnen. Die Handlungen der Individuen entbehren nunmehr einer gemeinsamen Ordnung, die ihnen einen Sinn verleihen könnte.

Der Bauer aus der Sine-Region

Der Bauer aus der Sine-Region (Senegal) fragt sich, wenn er von der Arbeit heimkehrt, nicht, ob er „entwickelt“ oder erst noch „in Entwicklung begriffen“ ist, ob er in einem mehr oder weniger fortgeschrittenen Land lebt. Es hat dieses Jahr reichlich geregnet, die tägliche Arbeit war gewohnt mühsam, die Ernte ist vielversprechend. Vom Gefühl erfüllt, etwas erreicht zu haben, wartet er nun auf die Früchte seiner Arbeit. Diese Arbeit ist mehr als nur eine Verrichtung. Sie ist ein Werk, das die Welt hervorbringt und damit die Bedingungen für ein Leben schafft, das dauerhafter ist als sein eigenes.
FELWINE SARR

UBUNTU

Diese Kultur der gegenseitigen Bedingtheit und des Einander-Erschaffens hat überall andere Namen, die bis heute nachklingen: „Ubuntu“ heißt sie in der afri- kanischen Zulu-Sprache, übersetzt etwa mit „Ich bin, weil du bist“. (Indigenialität)

UNSER ZEICHEN UNSERER VERBUNDENHEIT

„Helping other people helps me.“ (Stefan Sagmeister) Wir dürfen uns nicht einbilden, dass wir mit unseren Spenden die Probleme Afrikas lösen könnten. Nein. Nein. Nein. Das geht nicht. Denn manche der großen Probleme sind durch hochorganisiertes Verbrechertum begründet. Z. B. Landgrabbing, Ausbeutung der Bodenschätze, usw. Sehr wohl aber können wir mit unseren Spenden ein Zeichen der Verbundenheit setzen und Projekten der Hoffnung Rückenwind verleihen. Das machen wir nun schon seit 15 Jahren. Im heurigen Jahr konnten wir – dank vieler großzügiger SpenderInnen – schon 184.500 Euro überweisen. Im Namen der Menschen dort sage ich DANKE, ASANTE, SHUKRAN, A NI CE!

Mehr unter: www.gea.at/afrika

Die Initiative „Heini Staudinger für Afrika“ sammelt Spenden für Hilfsprojekte in Afrika. Das Ziel ist eine langfristige Verbesserung der Lebenssituation der Menschen vor Ort, sodass diese möglichst bald unabhängig von Spenden und Hilfe von außen werden können. Vom Spendengeld geht kein einziger Cent für Verwaltungskosten oder Ähnliches drauf.

SPENDENKONTO lautend auf Heinrich Staudinger für Afrika
Kennwort: Afrikaprojekte
Konto-Nr. 1.370, Raika 32415
IBAN: AT183241500000001370
BIC: RLNWATWWOWS

Author Placeholder

ein Artikel von

Felwine Sarr

Teile deine Meinung auf