Essay heißt Versuch!
Das Wort Essay stammt aus dem Französischen und heißt Versuch. Der Philosoph Theodor W. Adorno hat in seiner berühmten Schrift Der Essay als Form die Legitimität solcher Essay/Versuche verteidigt:
„Das Wort Versuch, in dem die Utopie des Gedankens, ins Schwarze zu treffen, mit dem Bewusstsein der eigenen Fehlbarkeit und Vorläufigkeit sich vermählt, (...).“ „Der Essay lässt sich sein Ressort nicht vorschreiben. ... Er fängt nicht mit Adam und Eva an, sondern mit dem, worüber er reden will; er sagt, was ihm daran aufgeht, bricht ab, wo er selber am Ende sich fühlt und nicht dort, wo kein Rest mehr bliebe.“
Doch bereits Adorno wusste, dass der Essay als Ausdruck geistiger Freiheit insbesondere in Deutschland* einen schweren Stand hat: „In Deutschland* reizt der Essay zur Abwehr, weil er an die Freiheit des Geistes mahnt.“
*gilt auch für Ö. Ich weiß, wovon ich da rede. Heini
Stefan Zweig: Die Welt von gestern
„Ich hatte den Gegner erkannt, gegen den ich zu kämpfen hatte - das falsche Heldentum, das lieber die anderen vorausschickt in Leiden und Tod, den billigen Optimismus der gewissenlosen Propheten, der politischen wie der militärischen, die, skrupellos den Sieg versprechend, die Schlächterei verlängern, und hinter ihnen den Chor, den sie sich mieteten, all diese `Wortemacher des Krieges`, wie Werfel sie angeprangert in seinem schönen Gedicht.
Wer ein Bedenken äußerte, der störte sie bei ihrem patriotischen Geschäft. Wer warnte, den verhöhnten sie als Schwarzseher. Wer den Krieg, in dem sie selber nicht mitlitten, bekämpfte, den brandmarkten sie als Verräter.
Immer dasselbe, die ewige Rotte durch die Zeiten, die die Vorsichtigen feige nannten, die Menschlichen schwächlich, um dann selbst ratlos zu sein in der Stunde der Katastrophe, die sie leichtfertig beschworen.“
Ulrike Guérot, Hauke Ritz:
Endspiel Europa: Westend Verlag
Ganz im Sinn des Wortes Essay/Versuch schreiben die beiden „warum das politische Projekt Europa gescheitert ist“. Mit großer Leidenschaft schreiben sie auch darüber „wie wir wieder davon träumen können.“ Natürlich erklären sie auch die Rolle der USA und deren Interessen, um die es in diesem Krieg natürlich „auch“ geht. Und diese Interessen der USAsind eben nicht ident mit den Interessen vom Europa der 90-iger Jahrer. Damals durfte Europa als Friedensporjekt geträumt werden.
„Endspiel Europa“ müsst ihr unbedingt lesen, obwohl es der Falter verrissen hat, - oder vielleicht gerade deshalb, denn der Falter driftet mehr und mehr in den Mainstream ab.
Europa, das hieß siebzig Jahre lang NIE WIEDER KRIEG! Und ALLE MENSCHEN WERDEN BRÜDER!! Jene Liedzeile aus der ODE AN DIE FREUDE von Friedrich Schiller, vertont von Ludwig van Beethoven, ist heute (noch) „Europa-Hymne“. Wie oft wurde diese Sinfonie in den letzten 70 Jahren auf europäischen Festen aller Art gespielt. Aber ist es überhaupt noch erlaubt, die russen zu den Menschen zu zählen?
Ulrike Guérot