Viel Haben, vom Sein zu wenig
Viel Haben, vom Sein zu wenig
Brennstoff Nr. 62 | Heini Staudinger | 24.01.2024 | 3 Minuten

Katrin Rohde verkaufte alles und ging nach Afrika

Katrin Rohde war erfolgreiche Buchhändlerin in Norddeutschland. Eines Tages stieß sie „zufällig“ auf das Buch von Erich Fromm „Haben oder Sein“. Nachdem sie es gelesen hatte, dachte sie, vom HABEN hätte sie mehr als genug, vom SEIN eher zu wenig. Sie verkaufte ihre beiden Buchhandlungen und ging nach Afrika und landete bei den allerärmsten, den Straßenkindern von Quagadougou, der Hauptstadt von Burkina. In mehr als zwanzig Jahren ist es ihr gelungen eine Struktur für Waisenkinder aufzubauen, in der sich Jugendliche in einer Weise entwickeln können, dass sie im Stande sind, Verantwortung für s Gelingen des größeren Ganzen zu übernehmen. - https://www.ampo-intl.org/de/start.html

Der dschihadistische Terror im Norden von Burkina Faso und im angrenzenden Mali hat in den letzten Jahren tausenden Menschen das Leben gekostet. Immer wieder kamen Kinder und Jugendliche zu Katrin, die diesem Terror im Norden entflohen sind. Der Terror behinderte verständlicher Weise auch die Landwirtschaft und so kam es, - eh klar, - zum Hunger. Über Katrins Organisation AMPO konnten wir Geld schicken. Sie brachten Reis und Mais ins Krisengebiet.

Mitte Jänner war ich in Burkina Faso. Eine Woche nach meiner Abreise kam es zum Putsch. Die Leute waren voller Hoffnung, dass nun das Militär endlich mit dem Terror aufgeräumen würde. Dem Hauptmann Ibrahim Traoré riss die Geduld. Drum putschte er sich am 30. September 2022 an die Macht. Er macht nun Ernst. Katrin Rohde, sie lebt seit Jahrzehnten in Burkina, schreibt Folgendes über Ibrahim Traoré.

Captaine Ibrahim Traoré

Ja, jung ist er, und dynamisch! Captaine Ibrahim Traoré hat sich an die Macht geputscht. Er betont jedoch, dass er nur Interimspräsident sein will. Der letzte Präsident hatte sich ein Monatsgehalt von 10.000 Euro genehmigt. Der Neue aber will nur seinen Sold, den er auch als Hauptmann der Armee bekam. Und der beträgt 780 Euro pro Monat. Üblicherweise bekommt der neue Präsident bei Amtsantritt eine dicke, riesige Kette aus Gold und eine Fahne. Traoré hat die Kette ausgeschlagen und nur die Fahne genommen! Er hält sehr gute Ansprachen, in denen er das Volk aufruft, solidarisch mit den Hungernden in den Dörfern zu sein. Jede/r soll seinen Beitrag leisten.

Kritisch betrachtet wird sein Aufruf, 50.000 junge Männer zu einer Art Heimwehr auszubilden, gegen die Angriffe der Dschihadisten*. 30.000 soll er bereits aktiviert haben. Ich kann ihn verstehen, seit Jahren werden Zivilisten und Soldaten und Polizei einfach nur abgeschlachtet, das können wir als Volk nicht mehr länger hinnehmen. Aber, selbst wenn sie die Angreifer verjagen können: was geschieht danach mit den Waffen? Hoch gefährlich!

Trotzdem: ich bin ein Fan! Katrin Rohde

Gaddafi 2011

Wenn ihr mich bedrängt und destabilisieren wollt, wird sich Folgendes ereignen. Ihr werdet von einer Immigrationswelle aus Afrika überschwemmt werden, die von Libyen aus nach Europa überschwappt. Es wird niemand mehr da sein, um sie aufzuhalten.“ Gaddafi, knapp vor seiner Ermordung am 20. Oktober 2011.

https://www.heise.de

Die vom Westen einst Gaddafi gelieferten Waffen kommen heute südlich von Libyen zum Einsatz, in Mali, Niger oder Tschad und führen zu immer neuen Flüchtlingswellen in Richtung Europa. Die Regierung des geografisch zerbrochenen Libyens ist nicht in der Lage, die Flüchtlingsströme einzudämmen. Ich war im Jahr 1991 in Libyen. Das libysche Volk wurde damals von Gaddafi verwöhnt. Im Militär waren Libyer nur in den Führungspositionen. Die einfachen Soldaten kamen vor allem aus den Gebieten der südlichen Sahara. Nach der Ermordung Gaddafis zogen sie, mitsamt dem Kriegsgerät der libyschen Armee, in ihre Heimatländer zurück. Dies hat den dschihadistischen Terror, von Boko Haram in Nord-Nigeria bis zu Al-Kaida in Mali, Burkina Faso und Niger, enorm gestärkt.

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