Ein Volk ohne Visionen geht zugrunde!
Ein Volk ohne Visionen geht zugrunde!
Brennstoff Nr. 63 | Heini Staudinger | 23.01.2024 | 3 Minuten

Ein Essay von Dorothee Sölle

Ohne Vision gehen wir in der Tat zugrunde, werden wir „wild und wüst“, willigen wir bewusstlos ein in das Projekt des über uns herrschenden Todes, das sich selbstredend wie jene römische imperiale Ordnung gern mit anderen Wörtern drapiert: Die geglückte Unterwerfung nannten die Römer „Befriedung“, das Weltsystem der wirtschaftlichen Ausplünderung der armen Völker - mit Hilfe des Militärapparats - trug den schönen Namen PAX ROMANA. Auch bei uns wird der Krieg „Verteidigung“ genannt, der Staatsterror „Ordnung“, das Ziel der Weltherrschaft „Sicherheit“, die erpresste Einwilligung „Demokratie“. Das unterworfene, visionslose Volk, das die Bibel so realistisch „wild und wüst“ nennt (das bedeutet aggressiv nach außen und leer nach innen), so ein Volk gilt als ein geordnetes, friedliches, „normales“ Volk.

Dabei genügte schon ein kleiner historischer Rückblick, um an eine Vision zu erinnern, die für eine kurze Zeit nicht nur die Sache der Wenigen war, sondern allgemeines Gut eines geschlagenen Volkes, das das größte Unglück seiner Geschichte als selbstverschuldet und teuer bezahlt begriff. Ich denke an die Jahre zwischen 1944 und 1947, eine Zeit, die in der Kapitulation vom 8. Mai 1945 kulminierte. Damals hat es in Deutschland-Ost und -West eine Art von Vision gegeben. Es haben damals Millionen Menschen in der Tiefe ihres Herzens geglaubt: Nie wieder!

Nie wieder das! Nie wieder Krieg!

Selbst ein Mann wie Franz Josef Strauß hat erklärt, dass ihm der rechte Arm abfallen solle, falls er nochmals ein Gewehr anfasse. Es gab da einen ganz breiten Konsens unter den Menschen, der sich ausdrückte in der Überzeugung: Nie wieder das! Da war eine Vision, die sicher nicht klar genug war, die sich weithin nur negativ bestimmt hat, weil die Ursachen nicht reflektiert waren. Nur eine bewusste Minderheit sprach die Ursache des Unglücks mit an und fügte zum „Nie wieder Krieg!“ das „Nie wieder Faschismus!“ hinzu.

VISIONEN zu Zeiten von Ludwig XIV

„un Roi, une Loi, une Foi“ ein König, ein Gesetz, ein Glaube. Nach diesem Grundsatz duldete König Ludwig XIV (1638 -1715) in seinem Volk nur den katholischen Glauben.

Losung der Französischen Revolution 1789

Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit

Rudolf Steiner ergänzt

diese drei zur Sozialen Dreigliederung: Freiheit den Gedanken und Künsten, Gleichheit vor dem Gesetz, Brüderlichkeit/Geschwisterlichkeit in der Wirtschaft.

VISIONEN DER NAZIS

Ein Volk - ein Reich - ein Führer Lebensraum Ost, Besiedlung Osteuropas mit der „germanischen“ oder „arischen“ Bevölkerung.

EUROPA-HYMNE

Alle Menschen werden Brüder, wo dein sanfter Flügel weilt. Alle Menschen sind Geschwister, alle Wesen dieser Welt, unsre Wohnung ist die Erde, unser Dach das Himmelszelt.

MODERNE VISIONEN

Geld/Kapital - Konsum und Komfort - Sicherheit. Pasolini meinte, der Konsumfaschismus sei die schlimmste Form von Faschismus. Schlimmer als der Klerikal-, und schlimmer auch als der Politfaschismus. Wieso? - weil er sich in der Brust aller Menschen einnistet.

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