Ein letzter Gruß
Ein letzter Gruß
Brennstoff Nr. 64 | Brennstoff Redaktion | 17.01.2024 | 3 Minuten

Ich halte diese Feindbildgesellschaft nicht mehr aus.

Ein letzter Gruß an alle meine Mailkontakte, ehe ich aus freiem Willen und mit klaren Sinnen, ärztlich assistiert, aus dem Leben scheide.

Es drängt mich, eine letzte Pflicht zu erfüllen: Mich von den Familien, Ärzten, Lehrern, Patienten, Freunden und Bekannten meines Lebens körperlich zu verabschieden und Ihnen/Euch für alles zu danken, was Ihr mir Gutes getan habt...!

Ich bin nun 80 Jahre alt und habe keine Lust und keine Kraft mehr, in dieser Welt zu leben. Ich halte diese dissoziale Feindbildgesellschaft nicht mehr aus und fühle mich, sozial und politisch von zum großen Teil lebensgeschichtlich deplazierten, unerfahrenen „Politikern“, mißbraucht.

Eine Trauerfeier wird es nicht geben!

Ich freue mich nun riesig auf meine LIEBSTE in der „Kuhle“. Unsere Urnen werden senkrecht dicht nebeneinander stehen!

Herzliche Grüsse, Detlef Schieffer

Kemal Kılıçdaroğlu* ärgert sich nie.
Das ärgert seine Frau

Einmal äußerte er in einem Interview, dass er „sich nie ärgere“. Seine Frau bestätigte dies mit den folgenden Worten: „Er ist nett und sehr ruhig. Bisschen zu ruhig. Kemal erhebt nie seine Stimme, er schreit nie. Sie können mit dem Mann nicht mal schön streiten. Dass er so ruhig ist, macht mich manchmal richtig wahnsinnig“, so Selvi Kilicdaroglu.

* Er ist der Kandidat des Oppositionsbündnisses für die Präsidentschaftswahl 2023 gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Wegen seiner ruhigen Art und äußeren Ähnlichkeit mit Mahatma Gandhi den Spitznamen Gandi Kemal.

Prägend für das ganze Leben

Es gibt in jedem Leben Ereignisse, die man nicht steuern kann, und die einen doch ein ganzes Leben lang begleiten und irgendwie prägend werden für s Leben. So ein Ereignis war für mich die Reise durch Afrika. Vor 50 Jahren fuhren Reinhold und ich miteinander mit den Mopeds von Oberösterreich nach Tansania. Oft und oft sagte Reinhold, dass diese Reise das Schönste in seinem Leben gewesen sei. Vor 43 Jahren nahm er sich das Leben. Er hatte dieses Gedicht von Rilke dabei. Rilke beobachtet im Zoo den Panther, wie er im Zwinger seine Kreise dreht ...

Der Panther

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, dass er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille - und hört im Herzen auf zu sein.

Rainer Maria Rilke, 1903

Verzeiht, dass ich immer wieder „damit“ anfange. Es ist eben so, dass diese Reise für mich das ganze Leben lang prägend war. Ich habe dabei gelernt, dass es im Leben nichts Wichtigeres als das Leben gäbe. Für Reinhold war diese Reise, wie er selber gesagt hat, das Schönste in seinem Leben. Offenbar waren jedoch die „Stäbe“ zu viele, zu dicht, zu mächtig.

Ich schrieb es einmal so, - Reinhold s Botschaft an die Lebenden hieße wohl: Spring, spring über die Stäbe, mit der Kraft der Mitte, spring bitte!

Der Dschungel der Stäbe ist in den letzten Jahren dichter und undurchdringlicher geworden. Depression ist bei Jugendlichen von 5 auf 50 Prozent angestiegen. Wir dürfen sie nicht allein lassen. Lieber streiten wir wieder. Reibung schafft Wärme; das stimmt nicht immer, aber einen Versuch ist s allemal wert.

Hilfe in Österreich:
Psychiatrische Soforthilfe
01/313 30
Telefonseelsorge 142

Hilfe in Deutschland:
Telefonseelsorge
0800 -111 0 111 (evangelisch)
0800 -111 0 222 (katholisch)

alle jederzeit erreichbar.

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